Was vor zwei Jahren als Notlösung begann, ist heute für viele Arbeitnehmer*innen Realität: Das Büro hat sich an einigen Tagen der Woche in die eigenen vier Wände verlagert. Diese Situation fordert die eigene Gesundheit und rückt den Umgang mit Konsum, speziell von Genussmitteln, in ein neues Licht.
Wo sitzen Sie, wenn Sie diesen Text lesen? Am Küchentisch? Am eigens eingerichteten Arbeitsplatz? Auf der Couch?
Die Arbeit im Homeoffice ist in vielen Branchen und Berufen angekommen. Der Arbeitsweg fällt weg, wir können konzentriert Tätigkeiten erledigen. Gleichzeitig sind wir zu mehr Selbstfürsorge und Achtsamkeit aufgerufen, wenn sich der Arbeitstag in den eigenen vier Wänden abspielt, denn unsere Gesundheit ist im Homeoffice noch mehr gefordert als im Büro. Die Grenze zwischen Arbeit und Privatem kann mitunter verschwinden.
Die Studie „Future of Work and Skills“ unter 4000 Führungskräften und Personalverantwortlichen in 26 Ländern belegt, dass unsere Produktivität und Leistung im Homeoffice zwar gestiegen sind, die Abgrenzung zwischen Arbeit und Freizeit jedoch erheblich leidet. (Der Standard, 2021)
Wenn es schwieriger wird, sich vom Arbeitsleben abzugrenzen und sich wenig Entspannung einstellt, hat dies Auswirkungen auf unsere Gesundheit und in weiterer Folge auf unser gesundheitsförderliches oder ‑hemmendes Verhalten.
Eine Studie eines Büromöbelherstellers hat ergeben, dass zwei Drittel der Beschäftigten über gesundheitliche Probleme im Homeoffice klagen. Rückenschmerzen, Nacken- und Schulterschmerzen, Kopfschmerzen – das sind nur einige der genannten Beschwerden, die sich durch weniger Bewegung und ungünstige Sitzpositionen ergeben.
Beschäftigte im Homeoffice berichten auch von Müdigkeit und Erschöpfung, Stress und Unruhe bis hin zu psychischen Problemen. (Der Standard, 2022)
Wenn es sich anfühlt, als würden wir im Büro leben, weil die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen, erleben wir Entgrenzung und mitunter auch Einsamkeit. Dies sind Faktoren, die uns zu Versuchungen führen können: Wir greifen öfters zu Lebensmitteln, die uns beruhigen oder zu Genussmitteln, bei denen sich Zufriedenheit einstellt. Oder wir verlieren uns in einer Serie und schauen Staffel für Staffel für Staffel.
Eis, Schokolade, eine Zigarette, Limonaden, Wein, Bier, die Lieblingsserie – zu Hause haben wir einen rascheren Zugang dazu als im Büro und weniger soziale Kontrolle darüber.
Dies kann höheren Alkoholkonsum bewirken – und von Genuss zu problematischem Konsum führen. (Strizek, 2021)
Wie können wir also auch im Homeoffice gut auf uns schauen und den Konsum verantwortungsvoll und genussvoll halten:
- Halten Sie feste Arbeitszeiten ein: Fangen Sie zu gewohnten Zeiten mit der Arbeit an und machen Sie auch rechtzeitig wieder Schluss.
- Setzen Sie ein deutliches Zeichen „Ich bin in der Arbeit“ und „Meine Arbeit ist für heute beendet“: Ob Sie nun eine bestimmte Kleidung für den Bürotag tragen oder den Laptop wieder in die Tasche stecken, wenn der Arbeitstag vorbei ist – wichtig ist es, für sich ein bestimmtes Zeichen zu setzen und somit der Arbeit einen formalen Rahmen zu geben.
- Richten Sie einen fixen Arbeitsplatz ein, der ergonomischen Vorgaben entspricht: ein höhenverstellbarer Schreibtisch und ein passender Bürosessel sind eine lohnende Investition in Ihre Gesundheit bzw. sogar gesetzlich vorgeschrieben.
- Bewegung beugt körperlichen Beschwerden vor: Nutzen Sie die Zeit, die Sie durch den fehlenden Arbeitsweg gewonnen haben, für Bewegung. Fahren Sie eine Runde mit dem Rad, gehen Sie spazieren, praktizieren Sie Yoga – was auch immer Ihnen guttut.
- Ausgewogen essen und trinken: Nutzen Sie die Möglichkeiten, die Sie zu Hause haben. Kaufen Sie rechtzeitig ein, planen Sie Mahlzeiten im Voraus und ernähren Sie sich ausgewogen. So können Sie die Konzentration gut über den Tag halten. Eine Flasche Wasser oder ungesüßter Tee sollte einen fixen Platz auf Ihrem Schreibtisch haben.
- Umgang mit Genussmitteln: wenn Sie Lust verspüren, den Stress des Tages mit einem besonderen Essen oder Getränk zu „bewältigen“ – genießen Sie es! Und machen Sie sich gleichzeitig bewusst, dass die „soziale Kontrolle“ zu Hause anders ist als im Büro. Dies könnte zu mehr Konsum verleiten. In jedem Fall geben Sie dem Genuss den Vorzug – am besten wohlverdient und in Bezug auf Alkohol jedenfalls erst nach Ihrer Arbeitszeit (FAZ net, 2021)
Die Zukunft wird zeigen, wie gemütlich und/oder professionell wir es uns auch weiterhin im Homeoffice einrichten sollen. In jedem Fall können Sie es sich schon jetzt zur Gewohnheit machen, gut auf sich zu achten.
AUTORIN
Der Standard (2022): Sieben Tipps für gesundes Arbeit im Homeoffice, Letzter Zugriff: 19.3.22
Der Standard (2021): Homeoffice sorgt für schlechte Work-Life-Balance, Letzter Zugriff: 19.3.22
Der Standard (2021): Die neue virtuelle Last im Home- und Hybrid-Office, Letzter Zugriff: 19.3.22
FAZ net (2021): Morgens ist der Schnaps leer: Alkoholmissbrauch im Büro, Letzter Zugriff: 19.3.22
Strizek, J. (2021): 1,5 Jahre Corona Pandemie – Eine Bestandsaufnahme zu Auswirkungen auf Substanzkonsum und Suchthilfe (Wiener Suchtsymposium 2021)