Downloads

Seit Beginn der Coro­na-Pan­de­mie ver­zeich­ne­te man bei Kin­dern und Jugend­li­chen einen deut­li­chen Anstieg von Gam­ing- und Smart­phone-Nut­zungs­zei­ten. Ein Grund zur Sor­ge? Nicht unbe­dingt. Eltern und Lehr­kräf­te soll­ten jedoch wis­sen, wann Hand­lungs­be­darf gege­ben ist. 

Der Anstieg des Gamings und der Nut­zung sozia­ler Netzwerke 

Bereits im Früh­som­mer 2020 wur­den ers­te Stu­di­en bezüg­lich des Anstiegs der Medi­en­nut­zung von Kin­dern und Jugend­li­chen wäh­rend der Coro­na-Pan­de­mie ver­öf­fent­licht, die Zah­len waren zunächst alar­mie­rend: Laut DAK-Gesund­heit stie­gen in Deutsch­land wäh­rend der ers­ten Pha­se des Distance-Lear­nings im März und April 2020 die Gam­ing-Zei­ten von 10- bis 17-Jäh­ri­gen werk­tags um 75%, an Wochen­en­den um ca. 30%. (vgl. DAK-Gesund­heit, 2020) Bei den fol­gen­den Unter­su­chun­gen im Novem­ber 2020 und im April 2021 gin­gen die­se Online-Nut­zungs­zei­ten zwar wie­der etwas zurück, blie­ben jedoch höher als im Ver­gleichs­zeit­raum vor der Pan­de­mie. (vgl. DAK-Gesund­heit & UKE Ham­burg, 2021)

Psy­chi­sche Belas­tun­gen wäh­rend der Corona-Pandemie 

Aus­sa­ge­kräf­ti­ger als die rei­nen Online-Nut­zungs­zei­ten sind ver­mut­lich ande­re Fak­to­ren: Zum einen führ­ten bei vie­len Kin­dern und Jugend­li­chen die feh­len­de Tages­struk­tur, man­geln­de Unter­stüt­zung beim Ler­nen und vor allem die stark ein­ge­schränk­ten Sozi­al­kon­tak­te mit Gleich­alt­ri­gen zu star­ken psy­chi­schen Belas­tun­gen. Die­se äußer­ten sich in einer deut­li­chen Zunah­me an depres­si­ven Ver­stim­mun­gen, Angst­zu­stän­den, Schlaf­stö­run­gen oder auch Ess­stö­run­gen. (vgl. PIEH, C. et al., 2021) Fast 90% der Befrag­ten gaben an, durch Com­pu­ter­spie­le und Nut­zung sozia­ler Netz­wer­ke in ers­ter Linie Lan­ge­wei­le zu bekämp­fen, etwas mehr als die Hälf­te (55%) von ihnen ver­such­te damit ihre sozia­len Kon­tak­te auf­recht zu erhalten.

Fakt ist: Gam­ing und die Nut­zung sozia­ler Netz­wer­ke wie­sen wäh­rend der Lock­down-Pha­sen durch­aus auch posi­ti­ve Aspek­te auf und boten für man­che Kin­der und Jugend­li­che in eini­gen Pha­sen der Pan­de­mie wirk­sa­me Bewäl­ti­gungs­stra­te­gien und Mög­lich­kei­ten, mit Stress und Ein­sam­keit umzu­ge­hen. (vgl. KRIZ, W.C., 2020)

Ab wann wird es zu viel?

Die WHO hat in ihrem jüngs­ten Kata­log an Krank­heits­dia­gno­sen, dem ICD-11, kla­re Richt­li­ni­en fest­ge­legt, ab wann eine Gam­ing- bzw. eine Inter­net­sucht als Krank­heit dia­gnos­ti­ziert wird: Es sind die drei Sym­pto­me Kon­troll­ver­lust, Inter­es­sens­ver­lust und Fort­set­zung trotz nega­ti­ver Kon­se­quen­zen, die für die Dau­er von 12 Mona­ten vor­lie­gen müs­sen. In der Pra­xis jedoch wich­ti­ger ist es für Eltern oder Erzie­hungs­be­rech­tig­te, bereits vor einer sol­chen Dia­gno­se ers­te Warn­zei­chen zu erkennen.

Wenn also Jugend­li­che ihre bis­he­ri­gen Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten und Bezie­hun­gen zu Freund*innen zuguns­ten des Com­pu­ter­spie­lens oder der Inter­net­nut­zung ver­nach­läs­si­gen und sich iso­lie­ren, soll­ten Eltern hell­hö­rig wer­den. Wei­te­re Anzei­chen sind Ver­än­de­run­gen der Schlaf­ge­wohn­hei­ten (Ver­lust des Tag-/Nacht­rhyth­mus), gestei­ger­te Aggres­si­vi­tät (vor allem bei Unter­bre­chung der Online-Akti­vi­tät) und die Ver­nach­läs­si­gung von Auf­ga­ben und Pflich­ten in der Schu­le bzw. der Arbeit, manch­mal auch der Kör­per­pfle­ge. (vgl. Müller/Wölfling, 2017)

Was kön­nen Eltern gezielt tun? 

Wich­tig ist vor allem, mit dem Kind/ dem Jugend­li­chen in Kon­takt zu blei­ben. Eine gute Bezie­hung ist eine wesent­li­che Basis dafür, noch in der Über­gangs­pha­se zur Sucht durch zusätz­li­che Frei­zeit­an­ge­bo­te oder durch Gesprä­che gut gegen­steu­ern zu kön­nen. Wenn sich Eltern oder Bezugs­per­so­nen jedoch über­for­dert füh­len, ist es in jedem Fall rat­sam, sich Hil­fe zu holen. Was man immer im Hin­ter­kopf behal­ten soll­te: Oft ver­ber­gen sich hin­ter sucht­ar­ti­gem Gam­ing oder exzes­si­ver Smart­phone-Nut­zung ganz ande­re psy­chi­sche Pro­ble­me wie Depres­sio­nen oder Angst­stö­run­gen, also genau jene Erkran­kun­gen, die seit Beginn der Coro­na-Pan­de­mie gehäuft bei Jugend­li­chen dia­gnos­ti­ziert wur­den. In die­sem Fall ist es meist erfor­der­lich, the­ra­peu­ti­sche Unter­stüt­zung in Anspruch zu nehmen.

Nicht zuletzt soll­te die eige­ne Vor­bild­wir­kung nicht unter­schätzt wer­den. Es ist für Kin­der wich­tig zu sehen, dass ihre Eltern selbst einen maß­vol­len und reflek­tier­ten Umgang mit digi­ta­len Gerä­ten wie dem Smart­phone pfle­gen. Eben­so ler­nen sie am bes­ten von ihren nahen Bezugs­per­so­nen, wie man Stress bewäl­tigt und auf die eige­ne kör­per­li­che und psy­chi­sche Gesund­heit achtet.

Ange­bo­te und Mate­ria­li­en der Fach­stel­le NÖ zum The­ma Mediennutzung:
Ch@ck Your Limits!: Die­ses Pro­jekt ist geeig­net für Schüler*innen ab der 6. Schul­stu­fe, Lehr­kräf­te und Eltern.
Bro­schü­re „Mit Kin­dern über Medi­en reden
Bro­schü­re: „Mit Jugend­li­chen über Medi­en reden“

Wei­te­re wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen zum The­ma Medi­en fin­den Sie unter:
www.saferinternet.at


AUTORIN
Päd­ago­gin (Deutsch, Fran­zö­sisch und Per­sön­lich­keits­bil­dung), Refe­ren­tin der Fach­stel­le NÖ, Stu­di­um der Sozi­al­the­ra­pie – Schwer­punkt Sucht.

DAK-Gesund­heit (2020). Medi­en­sucht 2020 – Gam­ing und Social Media in Zei­ten von Coro­na. DAK-Längs­schnitt­stu­die: Befra­gung von Kin­dern, Jugend­li­chen (12 – 17 Jah­re) und deren Eltern. Ber­lin. For­sa Poli­tik- und Sozi­al­for­schung. Online ver­füg­bar: https://www.saferinternet.at/fileadmin/redakteure/Footer/Studien/report-2296314.pdf Letz­ter Zugriff am 11.01.2022.

DAK-Gesund­heit und UKE Ham­burg. (2021). Nach Rekord­wer­ten im April 2020: Gam­ing-Nut­zung ging im zwei­ten Lock­down wie­der zurück. Pres­se­mit­tei­lung vom 09.04.2021. Ver­füg­bar unter https://www.drogenbeauftragte.de/presse/detail/nach-rekordwerten-im-april-2020-gaming-nutzung-ging-im-zweiten-lockdown-wieder-zurueck/ Letz­ter Zugriff: 29.12.2021.

ILLY, D. et al. (2021). Pra­xis­hand­buch Video­spiel- und Inter­net­ab­hän­gig­keit. Ätio­lo­gie, Dia­gnos­tik und The­ra­pie. Mün­chen: Elsevier.

KRIZ, W.C. (2020). Gam­ing in the Time of COVID-19. In: Simu­la­ti­ons and Gam­ing 2020. Vol. 51 (4). pp. 403 – 410. Online ver­füg­bar unter: https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/1046878120931602 Letz­ter Zugriff am 11.01.2022.

MÜL­LER, K.U.; WÖLF­LING, K. (2017). Patho­lo­gi­scher Medi­en­ge­brauch und Inter­net­sucht. Stutt­gart: Kohlhammer.

PIEH, C. et al. (2021). Men­tal health in ado­le­s­cents during COVID-19-rela­ted social distancing and home­schoo­ling. Depart­ment for Psy­cho­the­ra­py and Bio­psy­cho­so­cial Health. Danu­be Uni­ver­si­ty Krems. Ver­füg­bar unter: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3795639  Letz­ter Zugriff: 29.12.2021.

Downloads

_

Online Angebote
Downloads

_