Beim Sexting handelt es sich um das einvernehmliche Verschicken von selbstproduzierten Nacktfotos oder sexuell eindeutigen Videos via WhatsApp, Snapchat oder anderen Social-Media-Kanälen. Wichtig dabei zu betonen ist die Einvernehmlichkeit, sowohl auf Ersteller*innen- als auch auf Empfänger*innen-Seite. Ist diese gegeben, kann Sexting einem „Sich ausprobieren“ und als Bestandteil einer Partnerschaft dienen – sei es aus Spaß oder um sich selbst sexy zu finden etc.
Auch wenn Sexting in den meisten Fällen keine negativen Konsequenzen nach sich zieht, muss man dennoch einen wachsamen Blick auf die Thematik richten. Studien besagen, je vulnerabler eine Person ist (z.B. durch soziale Ausgegrenztheit oder das Vorhandensein psychischer Auffälligkeiten), desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie Bilder von sich verschickt. Begründet liegt dies in dem Wunsch nach sozialer Anerkennung und dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit, welcher in vulnerablen Gruppen noch ausgeprägter ist als sonst. Dieser tiefe Wunsch nach Zugehörigkeit erhöht leider auch die Wahrscheinlichkeit, dass Zugehörige dieser Gruppe (leicht) ausgenützt und negativ beeinflusst werden. Somit kann es dann auch leichter passieren, dass sich aus dem Sexting schädliche Konsequenzen ergeben, wie zum Beispiel Mobbing oder die strafbare Weitergabe der Bilder an Dritte.
(Neue) rechtliche Rahmenbedingungen rund um Sexting
Erlaubt ist Sexting nach wie vor bei bestehender Einvernehmlichkeit sowohl auf Ersteller*innen- als auch auf Empfänger*innen-Seite und somit bei der Herstellung und dem Besitz des Materials. Stellt also eine mündige minderjährige Person Bilder von sich selbst her und stellt diese auch anderen zur Verfügung ist dies straffrei, wenn alle Beteiligten informiert und einverstanden sind. Bei Kindern und Jugendlichen, die jünger als 14 sind, ist nur der Besitz von Bildern, die den eigenen Körper zeigen, erlaubt.
Strafrechtlich relevant wird es, sobald die Person, die das Bild erhalten hat, dieses dritten Personen zeigt oder weiterleitet. Geregelt werden diese Handlungen im Strafgesetzbuch § 207a.
Im Dezember 2023 kam es zu einer Gesetzesänderung: Der Paragraph 207a wurde umbenannt und verschärft. Man spricht nun nicht mehr von „pornographischer Darstellung Minderjähriger“, sondern von „bildlich sexualbezogenen Kindesmissbrauchsmaterial und bildlich sexualbezogenen Darstellungen minderjähriger Personen“. Zudem wurden die Strafen verschärft – an den Bedingungen der Straffreiheit (sprich: den Bedingungen unter welchen Umständen Sexting erlaubt ist) hat sich jedoch nichts geändert.
Prävention und richtiger Umgang mit Sexting – Offenheit statt Scheuklappen
Kindern und Jugendlichen ist oft gar nicht bewusst, dass sie gegen das Gesetz verstoßen, wenn sie Inhalte über das Internet weiterverbreiten. Sie handeln oft aus Spontanität, Aufregung oder Übermut – Motive, die sich gänzlich von denen Sexualstraftäter*innen unterscheiden.
Aus diesem Grunde ist Aufklärung über den richtigen Umgang mit Medien von großer Relevanz und sollte immer verbunden werden mit den Themen Sexualität und Beziehungsgestaltung. Wie auch bei der Sexualaufklärung ist beim Thema der Mediennutzung wichtig, nicht nur „das eine Gespräch“ zu führen, sondern das Thema immer wieder aufzugreifen und darüber zu sprechen. Beachten sollte man dabei, ein wertschätzendes Umfeld zu bieten und nicht die sprichwörtliche „Verbots“-Keule zu schwingen. Eine offene Gesprächskultur erleichtert es Kindern und Jugendlichen sich bei Problemen an eine erwachsene Bezugsperson zu wenden.
Ebenso bedeutsam ist es ein Interesse für die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen aufzubringen und sich über Themen des Internets auf dem Laufenden zu halten. So findet man im Internet neben einer großen Anzahl an ungeeignetem Material auch viele Seiten, die Kinder und Jugendliche bei ihren Fragen unterstützen; vorurteilsfreie, korrekte Informationen weitergeben und sie auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben begleiten.
Zusätzlich ratsam ist es, Jugendliche über mögliche Hilfs- und Beratungsangebote wie „Rat auf Draht“ zu informieren, da sie oft nicht wissen, wo sie sich mit Problemen hinwenden können.
Die Fachstelle NÖ bietet als Prävention zum Thema das Projekt Love & Likes an, ein sexualpädagogisches Angebot mit dem Schwerpunkt Sexualität und Medien. In drei Schulstunden erarbeiten unsere Sexualpädagog*innen gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen die wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen rund um Sexualität und Internet sowie Sicherheitsvorkehrungen und welche Seiten fachlich korrekte Informationen bieten. Neben einem Workshop für die Kinder und Jugendlichen umfasst das Projekt auch eine Fortbildung für die Pädagog*innen und einen Vortrag für die Eltern, wo über die neuesten Entwicklungen informiert wird.
Worst Case – wie geht man weiter vor?
Sollte trotz aller Vorsicht ein Worst-Case-Szenario eintreten und es wurde z.B. ein Bild in der Schule in Umlauf gebracht, gibt es für Pädagog*innen einen praktischen Leitfaden von saferinternet.at. Dieser baut auf drei Ebenen auf und unterstützt dabei, die richtigen Schritte zu setzen.
Inzwischen existieren auch praktische online Tools, welche eine Veröffentlichung von Nacktbildern und ‑videos unter bestimmten Voraussetzungen verhindern können. Die Seiten Take it down und Stop Non-Consensual Intimate Image Sharing spüren mittels eines digitalen Fingerabdrucks Bilder oder Videos auf und verhindern, dass diese auf bestimmten Seiten veröffentlicht werden.
Wenn Jugendliche (oft auch aus Unwissenheit) zu Täter*innen werden, da sie Bilder an Dritte weitergeleitet haben und es zu einer Verurteilung bzw. einer diversionellen Erledigung (eine Maßnahme ohne Schuldspruch) der Strafsache kommt, werden sie der Bewährungshilfe Neustart zugewiesen. Dort werden sie dem neuen Programm „sicher.net § 207a“ zugewiesen, in welchen sie sich intensiv mit ihrer Tat, den Motiven und den Auswirkungen auf Opfer auseinandersetzen.