Wann beginnt sexuelle Aufklärung und warum ist es wichtig, mit Kindern über Sexualität zu reden?
Jedes Kind hat sein eigenes Tempo – auch in Bezug auf die eigene sexuelle Aufklärung. Darunter versteht man heutzutage schon längst nicht mehr ein einmaliges, meist peinliches Gespräch mit der pubertierenden Tochter oder dem Sohn. Grundsätzlich sollten Kinder das Tempo und den Zeitpunkt selbst bestimmen können. Es gibt hier kein zu früh oder zu spät, wenn man die Bandbreite der Themen beachtet. Schon das korrekte Benennen der Geschlechtsteile ist sexuelle Bildung. Wenn ein Kind wenig Interesse zeigt, kann es zum Beispiel mit geeigneten Büchern an die Themen herangeführt werden. Kinder sind neugierig und entdecken neben ihrem eigenen Körper soziale Beziehungen in kindlichen Rollenspielen. Lernen passiert in der Auseinandersetzung mit anderen Kindern und Erwachsenen sowie durch die Medien.
Bei der Frage nach dem „wann“ und dem meist implizierten „zu früh“ ist es wichtig, einen Blick auf die Unterscheidung zwischen kindlicher und erwachsener Sexualität zu werfen. Sie orientieren sich nämlich an verschiedenen Parametern: Charakteristisch für die kindliche Sexualität ist eine unbefangene, spontane, entdeckungsfreudige Suche nach einem Lustgewinn. Kinder erleben ihre Lust mit all ihren Sinnen. Zwar zeigen sie ähnliche sexuelle Reaktionen wie Erwachsene, doch schreiben Kinder Erlebnissen, wie etwa an ihren Geschlechtsteilen spielen, keine sexuelle Bedeutung zu. Eltern, Pädagog*innen und Lehrpersonen können diese Entwicklungsschritte durch passende Angebote zu Bewegung, durch Wissensvermittlung sowie durch emotionale und soziale Bildungsangebote begleiten.
Eltern sollten von Anfang an Ansprechpersonen für Kinder sein, auch beim Thema Sexualität. Finden Sie dafür eine passende Sprache und wenn Unsicherheiten bestehen, holen Sie sich Unterstützung. Wenn es später im Kindergarten, in der Schule oder anderen Einrichtung ein gutes Konzept zur sexuellen Bildung gibt, dann ist es nur von Vorteil, mehrere verlässliche Informationsquellen zu haben.
Im Sinne der Prävention lohnt sich die Auseinandersetzung mit dem Thema. Eine altersgemäße Aufklärung trägt wesentlich zum Schutz vor sexuellem Missbrauch bei. Das Erkennen, Grenzen Setzen und Hilfeholen fällt gut aufgeklärten Kindern wesentlich leichter!
Menschen sind von Geburt an sexuelle Wesen, die auch in ihrer sexuellen Entwicklung begleitet werden müssen. Kinder erwerben Kompetenzen und machen Erfahrungen, die ihre Sexualität prägen. Menschliche Sexualität kann als Mosaik verstanden werden, welches während des ganzen Lebens entsteht und sich immer wieder verändert. Deshalb sprechen wir von einem lebenslangen bzw. lebensbegleitenden Lernen.
Dieser Artikel erschien 2021 in der Zeitschrift “Familienzeit”. Sie finden ihn in der Septemberausgabe (Webversion).