Mit Freunden zu Hause chillen, mit einem Haufen Gleichgesinnter beim Konzert abfeiern oder sich unterwegs einfach mal „so richtig abschießen“1: Die Gründe, weshalb junge, aber auch ältere Menschen Alkohol oder Cannabis konsumieren sind so verschieden, wie die Menschen selbst. Auch das beabsichtigte oder unbeabsichtigte Mischen der beiden Substanzen kommt vor.
Aber was genau passiert eigentlich, wenn man Alkohol und Cannabis mischt? Was ist die Motivation dahinter? Was sind die Risiken?
Bevor wir uns diesen Fragen widmen, sollten wir uns die zwei Substanzen genauer ansehen:
Sowohl Alkohol als auch Cannabis werden konsumiert, um sich zu berauschen. Sie gehören zur Gruppe der psychoaktiven Substanzen. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie – unter anderem – im Gehirn wirken und damit Gefühle, Wahrnehmungen, Gedanken und/oder Verhaltensweisen verändern können2.
Alkohol ist eine Substanz, die die Blut-Hirn-Schranke überwindet und dämpfend auf das Nervensystem wirkt. Mögliche Wirkungen sind: Entspannung, Enthemmung, Müdigkeit, Verlust der Kontrolle über die Motorik und anderer wichtiger Körperfunktionen3.
Cannabis wirkt im gesamten Körper und überwindet ebenfalls die Blut-Hirn-Schranke. Mögliche Wirkungen sind: Entspannung, Veränderungen der Wahrnehmung (z.B.: Hören, Sehen, Raum und Zeit,…), verlangsamte Motorik, erhöhter Blutdruck, Angst/Panik oder Halluzinationen3.
Wie genau die zwei Substanzen wirken, unterscheidet sich jedoch ganz individuell und ist von vielen biopsychosozialen Faktoren abhängig:
Bin ich in einer positiven oder negativen Grundstimmung? Befinde ich mich in einer entspannten oder in einer chaotischen Umgebung? Fühle ich mich gerade ruhig oder aufgekratzt? Konsumiere ich aus Neugierde oder um etwas zu verdrängen? Habe ich eine familiäre Veranlagung zu psychischen Erkrankungen oder nicht? Erwarte ich eine euphorisierende oder eine beruhigende Wirkung? Konsumiere ich viel oder wenig? Ist die Substanz hoch oder niedrig dosiert?
Im Fachjargon spricht man hier von: Drug, Set und Setting4.
So kann Cannabis bei Lukas, der bei Freunden in der Wohnung chillt, entspannend wirken, während Michael, der gerade auf einem Konzert abrockt, es als anregend, ja fast schon halluzinogen erlebt. Gleichzeitig ist Nicole zu Hause bei einem Glas Wein in entspannt-gelöster Stimmung, während Sabine beim Après-Ski nach einem Jägermeister richtig aufgekratzt ist.
Was aber motiviert Jakob und die Gäste seiner Geburtstagsfeier dazu, neben Cocktails, Bier und Whiskey auch einen Joint herumzureichen? Mit welcher Wirkung und welchen Nebenwirkungen müssen sie rechnen?
Leider können wir Jakob und seine Gäste nicht direkt fragen, aber zum Glück sind diesen Fragen bereits einige Forscher*innen nachgegangen, und wir können sie zumindest teilweise beantworten.
Was motiviert junge Erwachsene zum Mischkonsum?
Es gibt nur wenige Studien, die sich damit beschäftigen, warum Cannabis und Alkohol zusammen konsumiert werden. Oft wird davon ausgegangen, dass der zu erwartende verstärkte Rausch im Vordergrund steht5,6. Patrick und ihr Team haben jedoch weitere Motive aufgedeckt. Die Ergebnisse ihrer Studie zeigen, dass an erster Stelle vor allem soziale, nämlich Konformitätsmotive im Vordergrund stehen – man möchte dazu gehören. Erst danach wurde das spezifische Rauscherleben wie z.B. der „cross-fadet-effect“ (die sich teilweisende überdeckende Rauschwirkung7) genannt.
Was passiert, wenn man Cannabis und Alkohol mischt?
Forscherinnen in den USA haben sich die genaue Rauschwahrnehmung von Cannabis und Alkohol angesehen. Sie haben festgestellt, dass bei Mischkonsum die negativen psychischen und kognitiven Effekte verstärkt werden. Die Proband*innen beschrieben außerdem eine signifikant höhere alkoholtypische Rauschwirkung. Der Effekt des Cannabis wurde jedoch nicht verstärkt. Sie fühlten sich demnach wesentlich betrunkener, während sie nur ein geringes „High-Gefühl“ hatten5.
Was sind die Risiken bei Mischkonsum?
International verändert sich der Zugang zum Thema Cannabis rasant. Neben der medizinischen Verwendung (z.B. in Deutschland8) erlauben immer mehr Länder auch den Freizeitkonsum von Cannabis (z.B.: Mexiko9). Auch in Österreich konsumieren, trotz Verbots, viele Menschen Cannabis10. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Cannabis und Alkohol gleichzeitig konsumiert werden. Trotzdem sind die Wechselwirkungen sowie die Konsequenzen bisher nur unzureichend untersucht. Vorhandene Studien zeigen aber, dass die unmittelbaren sowie langfristigen negativen Risiken beider Substanzen steigen, wenn sie zusammen konsumiert werden11:
Wie bereits beschrieben, verstärkt der Mischkonsum die beeinträchtigende Wirkung des Alkohols und macht es schwer, das Rauscherleben vorab abzuschätzen. Personen, die Cannabis und Alkohol mischen, neigen eher dazu, häufiger und größere Mengen beider Substanzen zu konsumieren. Sie haben ein erhöhtes Risiko, an einer Cannabis- und/oder Alkoholgebrauchsstörung (z.B.: Schädlicher Gebrauch, Abhängigkeit,…) zu erkranken.
Auch die Risikoeinschätzung verändert sich durch den Mischkonsum der beiden Substanzen. So zeigte sich zum Beispiel, dass sich Betroffene öfter und schwerer verletzen, häufiger auf die Verwendung eines Kondoms verzichten und eher berauscht Auto fahren.
Wie genau der Mischkonsum sich auf die biopsychosoziale Entwicklung auswirkt, muss jedenfalls noch genauer untersucht werden, um negativen Konsequenzen wie Schulabbrüchen oder psychischen Erkrankungen bestmöglich vorbeugen zu können.
Fazit: Einfach mal Party machen? Aber sicher! Dazu immer das Mischen verschiedener psychoaktiver Substanzen wie Alkohol, Cannabis, Medikamente oder andere Rauschmittel vermeiden – Ganz einfach.
Literaturempfehlung zum Thema:
Böckem, J., Jungaberle, H., Hammerl, F., & Uldbaek Nielsen, K. (2016). HighSein: Ein Aufklärungsbuch (3. Auflage September 2016). Rogner & Bernhard.
Borowiak, S., (2019). ALK: Fast ein medizinisches Sachbuch – jetzt aktualisiert!. Eichborn AG
Fachstelle. (2017). Über Alkohol reden! Was Eltern wissen sollten.
AUTORIN
- Mehr unerwünschte Effekte bei Mischkonsum von Alkohol und Cannabis – drugcom. Accessed April 6, 2021.
- FINDER Akademie. Europäisches Präventionscurriculum. Handbuch Zur Wissenschaftsbasierten Prävention Für Entscheidungsträger, Meinungsbildner Und Politiker. Edition: Psychoaktive Substanzen.; 2019. Accessed April 6, 2021.
- Böckem J, Jungaberle H, Hammerl F, Uldbaek Nielsen K. HighSein: ein Aufklärungsbuch. 3. Auflage September 2016. Rogner & Bernhard; 2016.
- Hartogsohn I. Constructing drug effects: A history of set and setting. Drug Sci Policy Law. 2017;3:205032451668332. doi:10.1177/2050324516683325
- Lee CM, Cadigan JM, Patrick ME. Differences in reporting of perceived acute effects of alcohol use, marijuana use, and simultaneous alcohol and marijuana use. Drug Alcohol Depend. 2017;180:391–394. doi:10.1016/j.drugalcdep.2017.08.029
- Patrick ME, Fleming CB, Fairlie AM, Lee CM. Cross-fading motives for simultaneous alcohol and marijuana use: Associations with young adults’ use and consequences across days. Drug Alcohol Depend. 2020;213:108077. doi:10.1016/j.drugalcdep.2020.108077
- Patrick ME, Lee CM. Cross-faded: Young Adults’ Language of Being Simultaneously Drunk and High. Cannabis Res Soc Marijuana. 2018;1(2):60–65. doi:10.26828/cannabis.2018.02.006
- BfArM – Cannabisagentur. Accessed March 12, 2021.
- Eydlin A, AFP, KNA KKN‑A. Mexiko: Mexikanisches Parlament stimmt für legalen Marihuana-Konsum. Die Zeit. . Published March 11, 2021. Accessed April 12, 2021.
- Anzenberger J. Epidemiologiebericht Sucht 2020 Illegale Drogen, Alkohol und Tabak. Gesundheit Österreich; 2020:125.
- Yurasek AM, Aston ER, Metrik J. Co-use of Alcohol and Cannabis: A Review. Curr Addict Rep. 2017;4(2):184–193. doi:10.1007/s40429-017‑0149‑8