Alle müssen immer für alles kompetent sein. Und dann noch lebenskompetent? Im ersten Teil der Serie „Kompetent? Bin ich!“ widmen wir uns den Fragen: Was sind Lebenskompetenzen und wozu dienen sie? Warum ist deren Förderung eines der zentralen Konzepte der (Sucht-)Prävention?
Was sind Lebenskompetenzen und warum sind diese so wichtig?
Die Förderung der Lebenskompetenzen ist nicht nur für die Suchtprävention ein zentrales Konzept1,2, sondern steht auch im Mittelpunkt vieler Gesundheitsförderungsprogramme3. Im Fokus steht der Erwerb von Handlungskompetenzen zum Umgang mit alltäglichen Anforderungen, Herausforderungen und Belastungen4. Damit sind Lebenskompetenzen ein Handwerkszeug, um mit schwierigen Situationen und Gefühlen umgehen zu können.
Das bedeutet, dass problematisches Verhalten oft auf fehlende oder mangelnde Lebenskompetenzen zurückzuführen ist. Man kann es damit weniger als Störung, sondern viel mehr als (dys-)funktionale Lösung aufgrund nicht vorhandener, gesunder Alternativen betrachten. Die betreffende Person nimmt dieses Verhalten als passend (weil scheinbar funktionierend) wahr, um schwierige Situationen oder Gefühle zu bewältigen.
Hier ein Beispiel:
Frau H. ist 31 Jahre alt und arbeitet als Sozialarbeiterin in einer Therapieeinrichtung. Ihre Tätigkeit macht es erforderlich, dass sie an manchen Tagen 16, wenn nicht sogar 24 Stunden, im Dienst ist. Dabei hat sie selten Zeit für sich selbst. Es ist viel zu tun, der Tag ist durchgetaktet und häufig muss sie auch ungeplante Tätigkeiten übernehmen oder kurzfristig einspringen. Wenn sie nach der Arbeit heimkommt, fällt es ihr schwer abzuschalten. Sie ist innerlich unruhig und fühlt sich aufgedreht. Um sich zu entspannen, setzt sie sich gerne mit einem Bier auf die Couch und sieht sich ein paar Folgen ihrer Lieblingsserie an. Nach zwei, drei Fläschchen fühlt sie sich ruhiger und entspannt. –
Frau H. fehlen passende Strategien, um mit den Anforderungen und dem daraus resultierenden Stress umzugehen. Folglich konsumiert sie Alkohol, was gesundheitsgefährdend sein kann.
Die gesunde Alternative:
Auch Frau S. arbeitet in dieser Therapieeinrichtung. Sie ist 39 Jahre alt und arbeitet bereits 10 Jahre als Sozialarbeiterin. In Momenten, in denen sie alleine ist, sieht sie in die Ferne und atmet ein paar Mal tief ein und aus, schüttelt sich kurz und arbeitet weiter. Sie hat für sich entdeckt, dass diese kurze Übung die Arbeit für sie etwas entschleunigt. Auch für Frau S. ist es schwer abzuschalten. Aber sie weiß, dass sie sich beim Sport gut entspannen kann. So versucht sie jeden Tag entweder laufen zu gehen oder zumindest ein paar Yoga-Übungen zu machen. Und wenn sie dafür zu müde ist, legt sie sich einfach auf den Boden und entspannt ganz bewusst ihren ganzen Körper. –
Frau S. hat für sich passende Strategien gelernt, um mit ihrem Stress umzugehen.
Lebenskompetenzen – ein Leben lang!
Die Prävention hat das Ziel, jene Kompetenzen zu fördern, die für einen gesunden Umgang mit problematischen Situationen nötig sind. Dabei sind das Erlernen und Erweitern der Lebenskompetenzen nicht auf die Zeit in der Kindheit und Jugend begrenzt. Lernen – und dabei Spaß haben – können wir ein ganzes Leben lang. Von der Kindheit, über das Erwachsenenalter bis ins hohe Alter.
Auch in der Arbeit mit Kindern sind die eigenen Kompetenzen sehr wichtig. Nur wer selbst lebenskompetent ist, kann Lebenskompetenzen vermitteln. Kinder beobachten ihre Eltern und Lehrer*innen und übernehmen dabei viele Verhaltensweisen, so auch Handlungsstrategien in schwierigen Situationen.
Ausblick
Die WHO definiert zehn wichtige Lebenskompetenzen, die sich in 5 Domänen einteilen lassen4:
- Entscheidungsfähigkeit & Problemlösefähigkeit
- Kreatives Denken & Kritisches Denken
- Kommunikationsfähigkeit & Beziehungsfähigkeit
- Empathie & Selbstwahrnehmung
- Stressregulation & Gefühlsregulation
In den nächsten Monaten werden wir Ihnen in diesem Blog zu jedem Bereich die Lebenskompetenzen vorstellen und dazu folgende Fragen beantworten:
- Was bedeuten diese Lebenskompetenzen und wofür sind sie gut?
- Wie kann ich die Förderung dieser Kompetenzen in meinen Alltag und in den der Kinder integrieren?
- Gibt es Kinderbücher, die das Thema aufgreifen?
- Gibt es für mich auch passende Literatur dazu?
Angebote der Fachstelle NÖ zur Förderung von Lebenskompetenzen finden Sie auch hier:
Kindergarten:
Volksschule:
Schule:
AUTORIN
Quellennachweis:
- Faggiano F, Minozzi S, Versino E, Buscemi D. Universal school-based prevention for illicit drug use. Cochrane Drugs and Alcohol Group, ed. Cochrane Database Syst Rev. Published online December 1, 2014. doi:10.1002/14651858.CD003020.pub3
- Faggiano F, Vigna-Taglianti F, Burkhart G, et al. The effectiveness of a school-based substance abuse prevention program: 18-Month follow-up of the EU-Dap cluster randomized controlled trial. Drug Alcohol Depend. 2010;108(1–2):56–64. doi:10.1016/j.drugalcdep.2009.11.018
- Savoji AP, Ganji K. Increasing Mental Health of University Students through Life Skills Training (LST). Procedia – Soc Behav Sci. 2013;84:1255–1259. doi:10.1016/j.sbspro.2013.06.739
- World Health Organisation. Division of Mental Health. Life Skills Education for Children and Adolescents in Schools Pt. 1, Introduction to Life Skills for Psychosocial Competence and PT. 2. Guidelines: The Development and Implementation of Life Skills Programmes, 2nd Rev. World Health Organization; 1994. Accessed February 7, 2019. https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/63552/WHO_MNH_PSF_93.7A_Rev.2.pdf?sequence=1&isAllowed=y