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An einem Schul­stand­ort wur­de ein*e Schüler*in beim Kon­sum von ille­ga­len Sucht­mit­teln erwischt. Die Lehr­per­son hat ihre Beob­ach­tun­gen wei­ter­ge­lei­tet, die Direk­ti­on koor­di­niert nun das wei­te­re Vor­ge­hen und hat den*die Schüler*in an Sie wei­ter­ge­lei­tet. Als Schulärzt*in ste­hen für Sie die Gesund­heit der Schüler*innen und etwa­ige gesund­heit­li­che Fol­gen nach dem Kon­sum von ille­ga­len Sub­stan­zen im Vordergrund. 

Sieht man sich im ärzt­li­chen All­tag einer Situa­ti­on gegen­über, in der ille­ga­le Sub­stan­zen invol­viert sind, kann sich das durch­aus über­for­dernd anfüh­len. Es ist eine Situa­ti­on, die man nicht jeden Tag erlebt, noch weni­ger im schu­li­schen Kon­text. Ger­ne beglei­ten wir Sie hier ein Stück des Wegs. 

Schritt 1: Inne­hal­ten, Durch­at­men und Infor­ma­tio­nen einholen

Eine Unter­su­chung im Zuge des §13 SMG ist kein all­täg­li­ches Ereig­nis. Für Sie als akti­ves Mit­glied des Gesund­heits­sys­tems ist Zeit außer­dem eine sehr rare Res­sour­ce. Aus die­sem Grund möch­ten wir Sie an die­ser Stel­le dazu ermu­ti­gen, trotz­dem kurz inne­zu­hal­ten und durchzuatmen. 

Infor­ma­tio­nen, Leit­fä­den und unter­stüt­zen­de Mate­ria­li­en zum Ablauf des §13 SMG, sowie zur ver­pflich­ten­den schul­ärzt­li­chen Unter­su­chung haben wir hier für Sie zusam­men­ge­tra­gen.

Schritt 2: Vor­be­rei­tung der Unter­su­chung – Braucht es den schul­psy­cho­lo­gi­schen Dienst?

Es han­delt sich bei der schul­ärzt­li­chen Unter­su­chung um eine Erst­ab­klä­rung sowohl der medi­zi­ni­schen als auch der psy­cho­lo­gi­schen Fak­to­ren. Aus die­sem Grund emp­fiehlt der Gesetz­ge­ber die Bei­zie­hung eine*r Schulpsycholog*in1. Da die Unter­su­chung ohne unnö­ti­gen Zeit­ver­lust – und dabei aber für den*die Schüler*in jedoch nicht über­falls­ar­tig – erfol­gen soll, muss bei Kon­takt­auf­nah­me mit der Schul­psy­cho­lo­gie dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den, dass es sich um eine schul­ärzt­li­che Unter­su­chung im Rah­men des §13 SMG handelt. 

Schritt 3: Die Unter­su­chung – Ein medi­zi­ni­sches Abklärungsgespräch?

Die Abklä­rung, ob es sich im kon­kre­ten Anlass­fall tat­säch­lich um einen behand­lungs­re­le­van­ten Kon­sum han­delt, obliegt dem*der Schulärzt*in.

Bei der schul­ärzt­li­chen Unter­su­chung han­delt es sich nicht um eine kör­per­li­che Unter­su­chung, son­dern um eine medi­zi­nisch-psy­cho­so­zia­le Ana­mne­se. Wäh­rend die­ses Abklä­rungs­ge­sprächs wird fest­ge­stellt, ob und wenn, wel­che gesund­heits­be­zo­ge­ne Maß­nah­me nach §11 SMG not­wen­dig ist. 

Im Zuge der Unter­su­chung ist ein Harn­test nicht indi­ziert, da ein posi­ti­ver Test allei­ne kei­ne gesund­heits­be­zo­ge­ne Maß­nah­me aus­lö­sen darf2 und die Kos­ten eines Tests von der Schu­le getra­gen wer­den müss­ten. Eine Wei­ter­ver­rech­nung an den*die Schüler*in bzw. die Eltern ist nicht zulässig.

Schritt 4: Die Unter­su­chung – Ein­schät­zung: Behandlungsbedürftigkeit?

Das Sucht­mit­tel­ge­setz schreibt klar vor, dass von einer Behand­lungs­be­dürf­tig­keit aus­zu­ge­hen ist, wenn im Zuge der Unter­su­chung fest­ge­stellt wird, dass Per­so­nen ein auf­wei­sen (etwa hin­sicht­lich Per­sön­lich­keit, Ver­hal­ten, Umge­bung oder Miss­brauch ande­rer – auch lega­ler – Sub­stan­zen ), ein schäd­li­cher Gebrauch nach ICD-10 (Dia­gno­se F1x.1) oder eine Abhän­gig­keit nach ICD-10 (Dia­gno­se F1x.2) vorliegt. 

Zur Ein­schät­zung des Risi­kos kann die Leit­li­nie für die Gesund­heits­be­hör­den (Hand­buch für die Voll­zie­hung des §12 Sucht­mit­tel­ge­setz; 1.3. Ergeb­nis der Begut­ach­tung, S. 24, sowie Annex 1, S.8) her­an­ge­zo­gen werden. 

 

Kei­ne Maß­nah­me notwendig

Stellt sich im Gespräch her­aus, dass das auf­fäl­li­ge Ver­hal­ten des*der Schüler*in ent­wick­lungs­ty­pisch oder durch beson­de­re Ereig­nis­se (z.B.: Tren­nung) aus­ge­löst ist, ist von einer gesund­heits­be­zo­ge­nen Maß­nah­me abzu­se­hen. Bei Pro­bier­kon­sum obliegt es der ärzt­li­chen Ein­schät­zung, ob aus­rei­chend psy­cho­so­zia­le Res­sour­cen vor­lie­gen oder ob eine Maß­nah­me not­wen­dig und zweck­mä­ßig ist. Ist der*die Schüler*in aktu­ell sta­bil abs­ti­nent und der ver­gan­ge­ne Kon­sum war expe­ri­men­tel­ler und kon­trol­lier­ter Natur, ist eben­falls von einer gesund­heits­be­zo­ge­nen Maß­nah­me abzusehen. 

 

Behand­lungs­be­dürf­tig­keit festgestellt

Stel­len Sie im Gespräch mit dem*der Schüler*in medi­zi­ni­sche, psy­chi­sche oder sozia­le Pro­ble­me fest, die einer Behand­lung bedür­fen, gilt es die ange­mes­se­ne gesund­heits­be­zo­ge­ne Maß­nah­me zu emp­feh­len und die­se mit dem*der Schüler*in zu besprechen:

  • Zif­fer 1: Ärzt­li­che Über­wa­chung des Gesund­heits­zu­stands
    Bei der ärzt­li­chen Über­wa­chung des Gesund­heits­zu­stands han­delt es sich um eine fort­ge­setz­te, dia­gnos­ti­sche Ver­laufs­be­ob­ach­tung im Fal­le einer „fest­ge­stell­ten Gefähr­dung durch eine Sucht­er­kran­kung3(p27)“: Erfas­sung des All­ge­mein­zu­stands, von Infek­ti­ons­krank­hei­ten, von aku­ten und chro­ni­schen Gesund­heits­pro­ble­men, von psych­ia­tri­schen Erkran­kun­gen und von Dau­er­fol­gen von Erkrankungen. 
  • Zif­fer 2: Ärzt­li­che Behand­lung ein­schließ­lich der Ent­zugs- und Sub­sti­tu­ti­ons­be­hand­lung
    Zur ärzt­li­chen Behand­lung zäh­len sowohl die Ent­zugs- und die Opio­id-Sub­sti­tu­ti­ons­be­hand­lung als auch die Behand­lung von all­ge­mei­nen und psych­ia­tri­schen Erkran­kun­gen und/oder Dau­er­fol­gen im Zusam­men­hang mit einer Abhängigkeitserkrankung.
  • Zif­fer 3: Kli­nisch-psy­cho­lo­gi­sche Bera­tung und Betreu­ung
    Kli­ni­sche Psycholog*innen kön­nen eine wei­ter­ge­hen­de psy­cho­lo­gi­sche Dia­gnos­tik der Leis­tungs­fä­hig­keit, der Per­sön­lich­keits­merk­ma­le und wei­te­rer psy­chi­scher Erkran­kun­gen vor­neh­men und eine psy­cho­lo­gi­sche Behand­lung (z.B.: Stress­be­wäl­ti­gungs­trai­ning, Bio­feed­back) durchführen. 
  • Zif­fer 4: Psy­cho­the­ra­pie
    Die Indi­ka­ti­on zur Psy­cho­the­ra­pie muss beson­ders sorg­fäl­tig gestellt wer­den. Zu beach­ten ist die Ein­schät­zung der The­ra­pie­fä­hig­keit und die stö­rungs­spe­zi­fisch indi­zier­te Metho­de3(p27).
  • Zif­fer 5: Psy­cho­so­zia­le Bera­tung und Betreu­ung
    Der über­wie­gen­de Teil der auf­fäl­lig gewor­de­nen Schüler*innen fal­len in die Kate­go­rie der Expe­ri­men­tier- bzw. Probierkonsument*innen4. Eine ers­te psy­cho­so­zia­le Bera­tung in einer qua­li­fi­zier­ten und mit der The­ma­tik hin­rei­chend ver­trau­ten Ein­rich­tung kann in einem sol­chen Fall trotz­dem ange­dacht werden. 

 

Zusam­men­fas­send kann man fest­hal­ten: Bera­tung für Expe­ri­men­tier- und Probierkonsument*innen, Betreu­ung für gefähr­de­te Per­so­nen und Behand­lung für bereits erkrank­te Konsument*innen4.

 

Schritt 5: Das Unter­su­chungs­er­geb­nis – Wer, wie, wo, was?

Im Gespräch mit dem*der Schüler*in bie­tet sich an, die emp­foh­le­ne Maß­nah­me zu bespre­chen und wo die Maß­nah­me in Anspruch genom­men wer­den kann. Z.B.: Zif­fer 5 Psy­cho­so­zia­le Bera­tung und Betreu­ung in einer Sucht­be­ra­tungs­stel­le. Außer­dem soll der*dem Schüler*in die Bring­schuld der Bele­ge sowie die abso­lu­te Ver­schwie­gen­heit der Institutionen/Psycholog*innen/Ärzt*innen ver­ständ­lich gemacht wer­den. Der*die Schüler*in soll sich dar­über bewusst sein, dass es sich nicht um eine Straf­maß­nah­me handelt. 

Die Inhal­te und das Ergeb­nis der Unter­su­chung sowie die ent­spre­chen­de schul­ärzt­li­che Emp­feh­lung wer­den doku­men­tiert. Das Ergeb­nis, also ob ein behand­lungs­re­le­van­ter Kon­sum vor­liegt und ob bzw. wel­che Maß­nah­me in die­sem Fall emp­foh­len wird, wird der Direk­ti­on schrift­lich mit­ge­teilt. Text­bau­stei­ne dazu, die genutzt wer­den kön­nen, fin­den sich in der Leit­li­nie für die Gesund­heits­be­hör­den (Hand­buch für die Voll­zie­hung des §12 Sucht­mit­tel­ge­setz, Annex 2).

Gesund­heits­be­zo­ge­ne Daten oder Inhal­te des Gesprächs dür­fen kei­nes­falls an die Direk­ti­on über­mit­telt werden.

Die Wei­sung wird spä­ter in einem geson­der­ten Gespräch zwi­schen Schul­lei­tung und Schüler*in, sowie ggf. den Erzie­hungs­be­rech­tig­ten aus­ge­spro­chen. Die Schul­lei­tung kann den*die Schulärzt*in zu dem Gespräch einladen.

Um spä­te­ren Schwie­rig­kei­ten in der Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den exter­nen Stel­len vor­zu­beu­gen, emp­fiehlt es sich, dem*der Schüler*in eine Ambu­lanz­kar­te (z.B.: im Hand­lungs­leit­fa­den zur Umset­zung des §13 Sucht­mit­tel­ge­setz an der Schu­le, S.28, oder zum Down­load hier aus­zu­hän­di­gen. Auf die­ser wer­den spä­ter die Ter­mi­ne bestä­tigt und die Kar­te kann der Direk­ti­on als Nach­weis vor­ge­legt wer­den. Gege­be­nen­falls kann die Ambu­lanz­kar­te auch durch die Direk­ti­on aus­ge­ge­ben werden.

 

Emp­feh­lung:


AUTORIN
Pro­jekt­lei­tung Suchtprävention
Schwer­punkt Kindergarten,
Schu­le & Ausbildung

Quel­len:

  1. Matz­ka M, Zeder F, Rüdis­ser G, Aus­tria, eds. Sucht­mit­tel­ge­setz: Kurz­kom­men­tar Mit Kom­men­tie­rung Des NPSG Samt Ein­schlä­gi­gen Bestim­mun­gen in EU-Recht, Inter­na­tio­na­len Ver­trä­gen, Ver­ord­nun­gen Und Erläs­sen. 3. Auf­la­ge. MANZ’sche Ver­lags- und Uni­ver­si­täts­buch­hand­lung; 2017.
  2. Bil­dungs­di­rek­ti­on Nie­der­ös­ter­reich. Novel­le Sucht­mit­tel­ge­setz SchulaerztInnen.ppt. Prä­sen­ta­ti­on pre­sen­ted at: April 2016; St. Pölten. 
  3. Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit und Frau­en, ed. Hand­buch Für Die Voll­zie­hung Des §12 Sucht­mit­tel­ge­setz. Leit­li­nie Für Gesund­heits­be­hör­den. 2. Auf­la­ge.; 2017.
  4. David A. Zusam­men­ar­beit mit dem Schularzt/der Schul­ärz­tin. In: Gemein­sa­mer Dia­log – §13 SMG. Fach­ta­gung Am 5. Und 6. Juni 2001. BMBWK; 2001:31–33.
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