Mit dem Start des neuen Schuljahres finden sich wieder unzählige Schüler*innen und deren Lehrer*innen in Klassenzimmern zusammen. Ein wesentliches Ziel: lernen – neuen Unterrichtsstoff, den Umgang miteinander, die Bewältigung des Alltags. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass es Pädagog*innen wie Schüler*innen gut geht.
Das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit
Der Selbstbestimmungstheorie der Motivation1 zufolge gibt es drei psychologische Grundbedürfnisse, deren Erfüllung zentral für ein gesundes und glückliches Leben ist und die Voraussetzung sowohl für das Wohlbefinden als auch für erfolgreiche Bildungsprozesse sind. Dies sind die Bedürfnisse nach Autonomie, dem Erleben der eigenen Kompetenz und nach sozialer Eingebundenheit. Wie der Name schon vermuten lässt, beschreibt soziale Eingebundenheit das Bedürfnis, sich einer Gruppe zugehörig und mit anderen Menschen verbunden zu fühlen.
In der Schule lässt sich das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit durch eine gute Klassengemeinschaft erfüllen. Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass positive soziale Beziehungen der Schüler*innen untereinander und auch zu den Lehrkräften, zu schulischem Wohlbefinden, Engagement und Leistung beitragen – und zwar bei Schüler*innen und Pädagog*innen!2
Wie wichtig soziale Eingebundenheit für unser Wohlbefinden und unser Leistungsvermögen ist, wurde auch während der Corona-Pandemie erneut deutlich. Eine Studie der Universität Wien, in deren Rahmen zu verschiedenen Zeitpunkten der Corona-Pandemie Schüler*innen befragt wurden, zeigte, dass Schüler*innen, die angaben, sich während der Lockdowns mit anderen sehr verbunden zu fühlen, auch von höherem Wohlbefinden berichtet haben.3 Zudem gaben die befragten Schüler*innen an, dass ihr Gefühl, sozial eingebunden zu sein, stieg, nachdem sie wieder zurück in die Schulen durften. Das zeugt von der Wichtigkeit einer guten Klassengemeinschaft. 4
Ein erster Schritt, um eine gute Klassengemeinschaft zu fördern, ist das Kennenlernen der Schüler*innen untereinander. Dazu haben wir Ihnen bereits in einem Blog-Artikel im vergangenen Jahr interaktive Methoden vorgestellt, die dabei helfen können, eine Gruppe miteinander vertraut zu machen. Daran anschließend kann in einem zweiten Schritt der Zusammenhalt der Klassengemeinschaft gestärkt werden, indem die Schüler*innen Gemeinsamkeiten untereinander entdecken und sich besser verstehen lernen. Auch diesmal möchten wir Ihnen dazu Methoden aus den beiden Programmen „Gemeinsam stark werden“ und „plus“ vorstellen. Und: eine gute soziale Eingebundenheit betrifft auch Sie als Pädagog*innen – machen Sie also ruhig mit!
Volksschule: Gemeinsamkeiten finden
Die Lehrperson zählt verschiedene Merkmale auf (äußere Merkmale, Charakterzüge, Hobbys, Wünsche usw.). Alle Kinder, auf die das genannte Merkmal zutrifft, stehen auf und wechseln den Platz (z.B. wer braune Augen hat, wer rote Socken trägt, wer schwimmen kann, wer ein Haustier hat, wer viel lacht, wer in einem anderen Land geboren ist, wer zwei Sprachen spricht, wer gerne Pizza isst). Am Ende lassen sich folgende Fragen stellen: Gab es ein Kind, auf das alle Eigenschaften zugetroffen haben? Gab es ein Kind, das seinen Platz nie verlassen hat?
Übung aus dem Lebenskompetenzprogramm „Gemeinsam stark werden“, Lehreinheit 1.3.: „Das bin Ich. Einen positiven Selbstbezug entwickeln“
Ab der 5. Schulstufe: Gemeinsamkeiten
Die Klasse wird zufällig in Vierergruppen eingeteilt. Jede Gruppe versucht in 5 Minuten möglichst viele Gemeinsamkeiten aller Gruppenmitglieder zu finden und notiert diese auf einem Blatt. Jene Gruppe mit den meisten Übereinstimmungen liest ihre Begriffe vor.
Übung aus dem Präventionsprogramm „plus“, Lehreinheit 5.1.1.: „DIE KLASSE: Wir lernen uns kennen“
Unsere Lebenskompetenzprojekte lassen sich über alle Schulstufen spannen und bieten Pädagog*innen die perfekte Möglichkeit, anhand von praxisorientierten Fortbildungen, Ihren Schüler*innen Kompetenzen für das spätere Leben mitzugeben.
Alle Informationen zu den beiden Programmen finden Sie, indem Sie auf die Logos klicken.
AUTORIN
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- Ryan RM, Deci EL. Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American Psychologist. 2000;55(1):68–78. doi:10.1037/0003–066X.55.1.68
- Hagenauer G, Raufelder D, eds. Soziale Eingebundenheit. Sozialbeziehungen im Fokus von Schule und Lehrer*innenbildung. Waxmann Verlag GmbH; 2021. doi:10.31244/9783830992660
- Was hat sich während der Zeit des Home-Learning verändert? Erste Ergebnisse der zweiten Erhebung bei Schüler*innen – Lernen unter COVID-19 Bedingungen. Accessed July 14, 2021.
- Was hat sich seit den Schulöffnungen verändert? Erste Ergebnisse der dritten Erhebung bei Schüler*innen – Lernen unter COVID-19 Bedingungen. Accessed July 14, 2021.