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Rund 40 Jah­re ist es nun schon her, als sich eine bis dahin unbe­kann­te Krank­heit zu einer Pan­de­mie ent­wi­ckel­te, die wie nur wenig ande­re die Men­schen über Jahr­zehn­te in Schre­cken versetzte.

Da Erkrank­te zu Beginn vor allem aus der Homo­se­xu­el­len- und Dro­gen-Sze­ne kamen, war es ein Leich­tes sich als „hete­ro­se­xu­el­ler Nor­mal­bür­ger“ davon abzu­gren­zen. Schnell wur­de die Krank­heit als „Schwu­len­seu­che“ ver­un­glimpft und man gab die Schuld dem damals vor­herr­schen­den Vor­ur­teil eines pro­mis­kui­ti­ven Lebens­stils von homo­se­xu­el­len Män­nern, der ver­meint­lich den von hete­ro­se­xu­el­len Men­schen um ein „hundertfaches”[1] überschritt.

Der zitier­te Aus­schnitt aus „Der Spie­gel“, Aus­ga­be 23 von 1983 gibt einem einen sehr guten Ein­druck, wel­che Bil­der damals in die Köp­fe der Men­schen gepflanzt wurden:

Droht eine Pest? Wird Aids wie ein apo­ka­lyp­ti­scher Rei­ter auf schwar­zem Roß über die Mensch­heit kom­men? Ist eine moder­ne Seu­che in Sicht, die sich zu Tod, Hun­ger und Krieg gesel­len wird, wie einst im Mittelalter?
Oder wer­den nur die homo­se­xu­el­len Män­ner dar­an glau­ben müs­sen? Viel­leicht […] weil »der Herr für die Homo­se­xu­el­len immer eine Peit­sche bereit hat«?

Das in den 80er Jah­ren auf­ge­bau­te Stig­ma hält bis heu­te an. Und noch immer erfah­ren Men­schen, die das HI Virus in sich tra­gen, Aus­gren­zung und Diskriminierung.

Selbst­tests, PrEP & Co – Wie sich der Umgang mit HIV ver­än­dert hat

Seit den 80er Jah­ren hat sich viel getan in Bezug auf die Behand­lungs­mög­lich­kei­ten und die Prä­ven­ti­on. Nicht nur, dass die Behand­lung der Erkran­kung inzwi­schen so gut ist, das HIV-posi­ti­ve Men­schen das Virus nicht mehr wei­ter­ge­ben kön­nen und auch die glei­che Lebens­er­war­tung haben wie gesun­de Men­schen, gibt es nun seit eini­gen Jah­ren auch Medi­ka­men­te, die prä­ven­tiv eine Anste­ckung ver­hin­dern können.

Die umgangs­sprach­lich als PrEP (HIV-Prä­ex­­po­si­ti­ons­­­pro­phy­la­xe) bekann­ten Medi­ka­men­te ver­hin­dern bei täg­li­cher Ein­nah­me eine Anste­ckung mit dem Virus. PrEP sind ver­schrei­bungs­pflich­tig und erfor­dern alle 3 Mona­te eine ärzt­li­che Unter­su­chung, bei wel­cher der HIV-Sta­tus und das Vor­han­den­sein ande­rer STIs (Sexu­ell über­trag­ba­re Infek­tio­nen) sowie die Nie­ren­funk­ti­on über­prüft wer­den. Seit April 2024 wer­den die­se Medi­ka­men­te in Öster­reich auch von der Kran­ken­kas­se rück­erstat­tet [2].

Trotz aller Freu­de dar­über, dass Medi­ka­men­te wie PrEP exis­tie­ren, darf jedoch nicht ver­ges­sen wer­den, dass die­se aus­schließ­lich eine Anste­ckung mit HIV ver­hin­dern, vor ande­ren Geschlechts­krank­hei­ten wie z.B. Syphi­lis oder Trip­per schützt nach wie vor nur das Kondom.

Als wei­te­rer Mei­len­stein in der Bekämp­fung der Krank­heit sind auch Selbst­tests zu nen­nen, wel­che bereits seit 2018 in öster­rei­chi­schen Apo­the­ken erhält­lich sind[3]. Die­se erleich­tern es vie­len Men­schen, den eige­nen Sta­tus zu kon­trol­lie­ren, ohne sich mög­li­chen Dis­kri­mi­nie­run­gen auszusetzen.

Gemein­sa­mes Han­deln: HIV-Fort­schritt auf­recht­erhal­ten und beschleunigen 

Gemein­sa­mes Han­deln ist das Mot­to des dies­jäh­ri­gen World AIDS Day.

Damit die Ver­brei­tung von HIV wei­ter ver­lang­samt wird oder viel­leicht sogar zum Still­stand kommt, kann man als Ein­zel­per­son nicht viel ande­res tun, als über den eige­nen Sta­tus Bescheid zu wis­sen und sich mit­tels Kon­do­men oder PrEP vor einer mög­li­chen Anste­ckung zu schüt­zen. Und man kann auch dar­über spre­chen: HIV (oder auch ande­re STIs) zu dis­ku­tie­ren und öffent­lich zum The­ma zu machen, ist ein gro­ßer Schritt, um die immer noch vor­han­de­nen Vor­ur­tei­le auszuhebeln.

Eine Mög­lich­keit, die das The­ma sicht­ba­rer macht, lässt sich z.B. auf einer der größ­ten Dating Apps für homo­se­xu­el­le Män­ner fin­den. Grin­dr bie­tet sei­nen Nut­zern die Mög­lich­keit (natür­lich auf frei­wil­li­ger Basis), über den eige­nen HIV-Sta­tus oder die Ein­nah­me von PrEP Aus­kunft zu geben. Lei­der wenig über­ra­schend wird die­se Opti­on auf Tin­der nicht gebo­ten, ob man dies so deu­ten möch­te, dass HIV noch immer als rein „schwu­les Pro­blem“ betrach­tet wird, dar­über darf sich jeder selbst Gedan­ken machen.

Gemein­sa­mes Han­deln betrifft aber nicht nur ein Kol­lek­tiv aus enga­gier­ten Ein­zel­per­so­nen, son­dern erfor­dert auch das Mit­wir­ken höhe­rer Ebe­nen, wie der Poli­tik und der Kirche.

Es reicht nicht, sich damit zufrie­den­zu­ge­ben, dass es jetzt prä­ven­tiv wir­ken­de Medi­ka­men­te und Behand­lungs­mög­lich­kei­ten gibt. Die­se Mög­lich­kei­ten müs­sen auch in aller Öffent­lich­keit bekannt gemacht wer­den. Die rei­ne Com­mu­ni­ty inter­ne Mund zu Mund Pro­pa­gan­da ist zu wenig.

Es ist an der Zeit, dass man offen und selbst­be­wusst über das The­ma spre­chen kann; dass es die Mög­lich­keit für regel­mä­ßi­ge Tes­tun­gen gibt, ohne das Bun­des­land wech­seln zu müs­sen, weil man davor Angst haben muss, dass viel­leicht jemand etwas davon mit­be­kom­men könnte.

Sei­ne Sexua­li­tät so zu leben, wie man das ger­ne möch­te, ist nichts, was einem das Gefühl geben soll­te, sich zu recht­fer­ti­gen zu sol­len oder müs­sen, und erst recht nicht prä­ven­ti­ves Han­deln im Sin­ne eines regel­mä­ßi­gen Tes­tens auf Geschlechtskrankheiten.

95:95:95:0

Die lang­fris­ti­ge Stra­te­gie von UNA­IDS im Bereich Dia­gnos­tik und The­ra­pie lau­tet der­zeit „95:95:95:0“. Dem­nach sol­len 95% aller Men­schen mit HIV über ihre Infek­ti­on infor­miert sein. Von denen, die ihre Dia­gno­se ken­nen, sol­len 95% die Mög­lich­keit haben, eine The­ra­pie ein­zu­neh­men. Und von den Men­schen unter The­ra­pie sol­len wie­der­um 95% das The­ra­pie­ziel einer sup­p­ri­mier­ten Virus­last errei­chen. Zudem soll es 0% Dis­kri­mi­nie­rung auf­grund einer HIV-Infek­ti­on geben.[4]

Schö­ne Zie­le, die aber nur dann erreicht wer­den kön­nen, wenn wir end­lich ler­nen das nega­ti­ve Image von HIV abzu­strei­fen und es als das betrach­ten, was es ist: Eine chro­ni­sche Erkran­kung, die gut behan­delt wer­den kann und vor deren Anste­ckung man sich leicht schüt­zen kann durch die Ver­wen­dung von Kon­do­men oder PrEP.


AUTORIN
Pro­jekt­lei­tung Sexualpädagogik

Quel­len und wei­ter­füh­ren­de Informationen:

[1] https://www.spiegel.de/politik/aids-eine-epidemie-die-erst-beginnt-a-6d358399-0002–0001-0000–000014021779

[2] https://aids.at/prep/

[3] https://aids.at/tests-und-beratung/helpline-hiv-selbsttest/

[4] https://aids.at/wp-content/uploads/2022/02/ahw-gemeinsam_gegen_diskriminierung-broschu%CC%88re-A6-RZ_WEB2.pdf

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