Alle müssen immer für alles kompetent sein… Und dann noch lebenskompetent? Im zweiten Teil der Serie „Lebenskompetent? Bin ich!“ widmen wir uns Fragen rund um die Entscheidungsfähigkeit und die Problemlösefähigkeit.
Was ist überhaupt „Entscheidungsfähigkeit“ und wofür ist sie gut?
„Entscheidungsfähigkeit“ ermöglicht uns einen konstruktiven Umgang mit den Entscheidungen in unserem Leben. Stehen wir beispielsweise im Supermarkt vor dem Regal und wollen für das Abendessen einkaufen, können wir uns dank der Entscheidungsfähigkeit…
- die verschiedenen Möglichkeiten ansehen (Spaghetti oder doch Fisch?),
- die Konsequenzen abwägen (Spuckt mir mein Kind den „Stinkefisch“ wieder aus?)
- und uns am Ende für eine Handlung entscheiden (Spaghetti!).
Gerade in einer Gesellschaft wie unserer, in der die freie Entscheidung so allgegenwärtig ist, ist es wichtig seine eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erkennen und damit umgehen zu lernen. So erlebt man sich als „selbstwirksam“.
Aber eine Entscheidung zu fällen ist gar nicht so einfach und muss schon früh geübt werden. Ein Kind muss seine eigenen Handlungsspielräume kennen lernen: welche Möglichkeiten es überhaupt gibt, und wie es mit den Konsequenzen der Entscheidung umgehen kann.
Wie kann ich das Kind dabei unterstützen?
Als Erwachsene haben wir viele Möglichkeiten, Kinder in ihrer Entscheidungsfähigkeit zu fördern:
- Schaffen Sie altersgerechte Entscheidungsräume, indem Kinder Entscheidungen selbst treffen dürfen. Z.B.: „Möchtest du bei Oma übernachten?“
Motivieren Sie die Kinder, die getroffenen Entscheidungen zu reflektieren. Z.B: „Wie war es bei Oma?“ War es – im Nachhinein betrachtet – eine gute Entscheidung, bei Oma zu übernachten?
- Sprechen Sie auch im Alltag mit ihrem Kind über beobachtete Entscheidungen. Lesen Sie beispielsweise gemeinsam ein Buch oder sehen sich gemeinsam eine Sendung im Fernsehen an, und es kommt zu einer spannenden Entscheidung, nehmen Sie sich die Zeit und besprechen Sie diese. Warum, z.B., haben sich in „Die Geggies“ die zwei Geggikinder entschieden, Freunde zu werden?
- Probieren Sie auch einmal ein anderes Leseformat aus: In sogenannten „Spielebüchern“ müssen sich Leser*innen immer wieder entscheiden, wie die Geschichte weiter geht. (z.B.: Edward Packard – Die Insel der 1000 Gefahren, ab 9 Jahren).
Für Jugendliche wären durchaus auch Rollenspielbücher eine Alternative (sogenannte „Soloabenteuer“ z.B.: Das Schwarze Auge – Am Rande der Nacht, ab 14).
- Setzen Sie sich mit Ihren eigenen Entscheidungen auseinander. Leseempfehlung dazu wäre z.B.: Rolf Dobelli – Die Kunst des klaren Denkens.
Was ist „Problemlösefähigkeit“ und was kann sie?
Ähnlich wie schon die Fähigkeit, Entscheidungen zu finden, hilft uns „Problemlösefähigkeit“, konstruktiv mit den Problemen und Anforderungen unseres Lebens umzugehen. Das können neue Herausforderungen, schwierige Situationen, Konflikte mit Anderen oder einfach nur das Lösen eines Rätsels sein. Solche Situationen werden als unangenehm erlebt und sollen zum Positiven hin verändert, also gelöst werden.
Auch Entscheidungen können unter gewissen Umständen zu einem Problem werden:
Steht ein Kind z.B. vor einer Eisvitrine, vollgefüllt mit seinen Lieblingssorten (Vanille, Schoko, Stracciatella, Pistazie, Cookies, Erdbeere…) und muss eine einzige Sorte wählen, erlebt es diese „einfache“ Entscheidung als Problem.
Ein anderes Kind, das nur Schokoladeneis mag, wird die Entscheidung sehr viel entspannter und nicht als Problem wahrnehmen.
Auch Erwachsene kommen bei komplexen Entscheidungen in ein Dilemma.
Bleiben wichtige Probleme ungelöst, können diese zu erheblichem Stress führen, welcher sich negativ auf die körperliche und geistige Gesundheit auswirkt.
Was mache ich mit einem Problem?
Wenn Sie erkannt haben, dass Sie vor einem Problem stehen, haben Sie den ersten – und mitunter wichtigsten – Schritt bereits gemacht. Halten Sie an diesem Punkt inne, atmen Sie gut durch und stellen Sie sich weiters folgende Fragen:
- Was genau ist eigentlich das Problem?
- Wie geht es mir dabei?
- Was kann ich tun? / Wer kann mir helfen?
- Welche Konsequenzen sind zu erwarten (positiv & negativ)?
Entscheiden Sie sich bewusst für eine Lösung und probieren Sie diese aus. Überprüfen Sie das Ergebnis ruhig kritisch. Haben Sie Ihr Ziel erreicht? Warum haben Sie gerade diesen Lösungsweg gewählt?
Und wie kann ich (m)ein Kind dabei unterstützen?
Es gibt viele Möglichkeiten, ein Kind bei der Entwicklung seiner Fähigkeit Probleme zu lösen zu unterstützen:
- Nehmen Sie sich selbst in der Vorbildfunktion wahr. Kinder beobachten Erwachsene ständig und kopieren ihre Verhaltensweisen. Wie gehen Sie ein Problem an?
- Stehen Sie dem Kind bei Problemen zur Seite, aber lassen Sie es selbst daran arbeiten. Gehen Sie – altersadäquat – die Schritte durch:
- Innehalten und Durchatmen
- Nachdenken:
Was ist das Problem? Wie fühle ich mich? Was will ich?
- Handeln:
Für welche Lösung entscheide ich mich? Wie setze ich diese um? Welche Konsequenzen gibt es?
- Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass es manchmal mehrere Anläufe braucht, um ein Problem zu lösen. …, dass es ganz normal ist, etwas mehrmals zu versuchen. …und dass es nicht schlimm ist, wenn man ein Problem auch einmal nicht lösen kann.
- Lesen Sie gemeinsam ein Buch mit „Problem“-Themen z.B.: Isabel Abedi – Blöde Ziege, dumme Gans (ab 4) oder Kobi Yamada – Was macht man mit einem Problem? (ab 6).
Lebenskompetenzen werden auch durch die Fachstelle NÖ in Kindergarten und Schule im Zuge von Projekten gefördert!
Haben Sie Interesse, dann wenden Sie sich:
Für Kindergarten und Volksschule an:
Mag.a Irene Weichhart
02742 / 314 40 DW 17
Für alle weiteren Schulen an:
Mag.a Sabrina Schmied
02742 / 314 40 DW 25