Der folgende Artikel stellt eine Auswahl an rechtlichen Regelungen in Zusammenhang mit dem Thema Sexualität dar. In diversen anderen Ländern kann es in einigen Belangen gleiche oder ähnliche Bestimmungen geben, die Informationen hier beziehen sich auf die Rechtslage in Österreich.
Art und Umfang von gesetzlichen Regelungen im Kontext von Sexualität sind einem geschichtlichen Wandel unterworfen, und mancherlei Gesetze aus vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten mögen trotz des Bewusstseins über die historische Distanz verwunderlich sein. So stand im 18. Jahrhundert Selbstbefriedigung als “widernatürliche Unkeuschheit” unter Strafe, ebenso wie uneheliche sexuelle Begegnungen, Oral- und Analverkehr sowie homosexuelle Kontakte. Die Strafen waren drakonisch und reichten von Verbannung über Kerker bis hin zu Todesstrafe. Abgesehen von nicht definierten Formen von Berührung blieb nur der eheliche vaginale Geschlechtsverkehr als gesetzlich einzig erlaubte sexuelle Handlung.
Im Zuge der Aufklärung wurde ab 1787 mit diesen Verboten aufgeräumt, sodass nunmehr sexuelle Gewalt und Missbrauch zentral im Fokus des Gesetzes standen, bis auf eine Ausnahme: Homosexuelle Kontakte waren nun nicht mehr mit der Todesstrafe bedroht, aber mit Arrest und Zwangsarbeit, und damit anders als in weiten Teilen Europas weiterhin verboten. Dieses Verbot wurde 1971 aufgehoben, aber bis 2002 galt für männliche Kontakte ein höheres “Schutzalter”, sodass beispielsweise das Verhältnis eines 19-Jährigen mit einem 17-Jährigen Gefängnis für ersteren bedeuten konnte.
Was ist mit dem Begriff “Schutzalter” gemeint, und wie sehen zentrale Regelungen des Sexualstrafrechts heute aus?
Altersgrenzen und Sexualstrafrecht
Das moderne Sexualstrafrecht, in dem das Geschlecht der beteiligten Personen keine Rolle spielt, will die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung schützen und zielt damit auf Freiheit von ungewollter Sexualität sowie auf das Recht auf gewollte Sexualität ab. Besonders geschützt sind Personen, die ihr Selbstbestimmungsrecht nicht oder nur eingeschränkt wahrnehmen können, wie z.B. Minderjährige oder Personen, die wehrlos oder beeinträchtigt sind. Das Ausnutzen einer altersbedingten oder sonstigen Unterlegenheit wird als Missbrauch bezeichnet und bildet einen Tatbestand, unabhängig von Gewaltanwendung oder Nötigung.
Minderjährige sind Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unmündige Minderjährige haben das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet. Mündige Minderjährigkeit erstreckt sich also vom 14. bis zum 18. Geburtstag.
Der sexuelle Kontakt von Erwachsenen oder Jugendlichen mit unmündigen Minderjährigen ist verboten. Die Unmündigkeit endet mit dem 14. Geburtstag, damit gelten mündige Minderjährige ab 14 Jahren als einwilligungsfähig hinsichtlich sexueller Handlungen. Diese Altersgrenze wird im Sprachgebrauch häufig als das Ende des “Schutzalters” bezeichnet. Der Altersunterschied bei einvernehmlichen sexuellen Begegnungen zwischen Personen ab 14 Jahren ist also strafrechtlich irrelevant. Eine Ausnahme von dieser Regelung bietet die sogenannte Alterstoleranzklausel: Der sexuelle Kontakt mit einer 13-jährigen Person bleibt straffrei, wenn der Altersabstand zu dieser maximal 3 Jahre – und damit explizit höchstens 36 Monate – beträgt. Sexuelle Berührungen ohne Verkehr bzw. ohne das Eindringen in eine Körperöffnung werden vom Gesetz anders gesehen, und daher gilt hier eine Alterstoleranzklausel von 12 + 4 Jahren, d.h. wenn die jüngere Person 12 oder 13 Jahre alt ist, wird ein Altersabstand von 48 Monaten toleriert.
Dem besonderen Schutz mündiger Minderjähriger widmen sich außerdem einige Strafrechtsparagrafen: Die Verbote beziehen sich auf Ungleichverhältnisse zwischen den beteiligten Personen. Das Ausnutzen einer explizit altersbedingten Überlegenheit gegenüber Personen unter 16 Jahren, die aufgrund mangelnder Reife die Bedeutung einer sexuellen Handlung nicht einsehen können, ist strafrechtlich relevant. Diese Regelung wird nicht oft vollzogen und bedarf eines psychologischen Sachverständigengutachtens. Abgesehen davon dürfte sie zu der häufigen Fehlannahme beitragen, dass das Schutzalter erst mit 16 Jahren ende. Besonders geschützt sind Jugendliche bei Ausnutzung einer Zwangslage und entgeltlicher Verleitung zum Sex. Bei intimen Kontakten von Lehrkräften mit mündigen minderjährigen Schüler*innen ist eine strafrechtliche Relevanz nur bei Ausnutzung des Autoritätsverhältnisses gegeben, also bei durch Druck zustande gekommenen sexuellen Begegnungen. Abgesehen davon kann das Dienstrecht zum Tragen kommen. Die Anbahnung von Kontakten zu Unmündigen zum Zwecke einer sexuell missbräuchlichen Handlung (“Grooming”) wird bereits als Vorbereitungsdelikt erfasst.
Diverse Paragrafen des Sexualstrafrechts gelten natürlich altersunabhängig und betreffen z.B. die Nötigung zu einer sexuellen Handlung durch Gewalt bzw. Drohung oder durch die Ausnutzung einer Willenseinschränkung (z.B. durch Drogen, psychische Beeinträchtigung, eine Zwangslage oder Einschüchterung). Neben sexueller Belästigung (Grapschen) sind öffentliche sexuelle Handlungen ebenso erfasst. 1, 3
Pornografie
Nach dem Pornografie-Gesetz ist das Anbieten, Überlassen und Zugänglichmachen jeglicher Art von Pornografie an Personen unter 16 Jahren verboten. Das PornoG verbietet auch den gewerblichen Umgang mit “harter Pornografie”, nach herrschender Rechtsprechung definiert als Darstellungen Minderjähriger, Gewalt- und Tierpornografie. Nach dem Sexualstrafrecht ist für sexualbezogene Darstellungen Minderjähriger auch der Besitz und das wissentliche Zugreifen strafbar, dies gilt sowohl für Kindesmissbrauchsdarstellungen als auch für pornografische Abbildungen und Darstellungen von oder mit mündigen Minderjährigen (Ausnahme: einvernehmliches Sexting ab 14, siehe unten).
Auch die Jugendschutzgesetze enthalten Regelungen zu pornografischem Material, sie sind länderspezifisch etwas unterschiedlich definiert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Weitergabe von pornografischen, diskriminierenden oder gewaltverherrlichenden Inhalten an Personen unter 18 Jahren verboten ist, und Jugendliche solche Inhalte nicht erwerben, besitzen oder verwenden dürfen. Hier sind für Jugendliche leichte Strafen, wie Beratungsgespräche, vorgesehen, die aber so gut wie immer eines tatsächlichen Erfahrungshintergrunds entbehren.
Das Besuchen von Sexshops, Nachtclubs und Bordellen ist Personen unter 18 Jahren nicht erlaubt, ebenso die Inanspruchnahme und das Anbieten sexueller Dienstleistungen.
Sexting
Prinzipiell ist das Versenden bzw. Veröffentlichen von eigenen Nacktaufnahmen durch Minderjährige verboten. Jedoch ist Sexting, also das einvernehmliche private Versenden von erotischem Bildmaterial des eigenen Körpers, für Jugendliche ab 14 Jahren seit 2016 entkriminalisiert. Das bedeutet, dass unter mündigen Minderjährigen das Verschicken oder Tauschen und damit auch Besitzen von pornografischen Fotos bzw. Filmen voneinander für den Eigengebrauch straffrei möglich ist, wobei die Aufnahmen nicht an Dritte weitergeleitet oder hergezeigt werden dürfen.
Mit Ausnahme von einvernehmlichem Sexting, wie es oben dargestellt wird, ist also das Versenden von einschlägigem Material an Personen unter 18 Jahren und das Besitzen und Versenden von pornografischen Aufnahmen, auf denen Kinder oder Jugendliche abgebildet sind, verboten. Gerade letzteres könnte im Falle einer Anzeige tatsächlich – etwa nach dem Herumschicken eines Fotos in der WhatsApp Gruppe der Schulklasse – zu einer Vorstrafe führen.
Schwangerschaftsabbruch
Bis 1975 war ein Schwangerschaftsabbruch in Österreich von strafrechtlichen Konsequenzen bedroht. Seither ist der Abbruch einer Schwangerschaft immer noch an sich verboten, bleibt aber unter bestimmten Umständen straffrei.
Im Rahmen der sogenannten Fristenlösung besteht die Möglichkeit eines Abbruchs bis zum Ende des dritten Schwangerschaftsmonats. Als Schwangerschaftsbeginn gilt die Einnistung der Eizelle in der Gebärmutter. Aufgrund der Intransparenz dieses Vorgangs wird zunächst der erste Tag der letzten Regelblutung als erster Tag der Schwangerschaft herangezogen. Das bedeutet, dass eine betroffene Person wahrscheinlich frühestens im zweiten Schwangerschaftsmonat von ihrer Schwangerschaft erfährt. In der Praxis werden Abbrüche höchstens bis zur 14 Schwangerschaftswoche durchgeführt. Es gibt zudem keinerlei Verpflichtung für eine Schwangerschaftskonfliktberatung, die Schwangere muss nur von ärztlicher Seite über die medizinischen Möglichkeiten eines Abbruchs beraten werden.
Nach Ablauf der Frist von drei Monaten ist ein Abbruch nur im Rahmen der Indikationslösung möglich: Er bleibt straffrei, wenn eine ernste gesundheitliche Gefahr für die Schwangere besteht und/oder eine schwere geistige oder körperliche Beeinträchtigung des Kindes vorliegt. Über das Vorliegen einer Indikation wird von ärztlicher Seite entschieden. Eine Indikation für einen gewünschten Spätabbruch ist ebenfalls gegeben, wenn die Schwangere zum Zeitpunkt der “Schwängerung” das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Eine Abtreibung darf nur auf Wunsch und mit Einwilligung der Schwangeren durchgeführt werden, es sei denn, der Abbruch dient der Rettung der Schwangeren aus einer nicht anders abwendbaren Lebensgefahr. Dies ist auch der einzige Grund, der Ärzt*innen zur Durchführung eines Abbruchs verpflichtet. Ein Schwangerschaftsabbruch ist rechtlich ab einem Alter von 14 Jahren ohne Einwilligung einer erziehungsberechtigten Person möglich, auch wenn von ärztlicher Seite bisweilen eine solche Einwilligung verlangt wird.
Abgesehen von einem Schwangerschaftsabbruch unter Indikation, bei dem die Kosten von der Gesundheitskasse übernommen werden, muss der finanzielle Aufwand, der meist zwischen 400 und 700 Euro beträgt, privat getragen werden.
Verhütung und Notfallverhütung
Rezeptfrei erhältliche Verhütungsmethoden, wie das Kondom oder die Muttermundkappe, unterliegen keinen rechtlichen Bestimmungen. Ist ein ärztliches Rezept oder eine medizinische Intervention notwendig (wie für die Verschreibung der Pille oder das Legen einer Spirale) ist dies rechtlich ab 14 Jahren ohne Einwilligung der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten möglich, da ab diesem Alter von der Einsichtsfähigkeit einer minderjährigen Person ausgegangen wird. Wenn Einsicht und Verständnis von ärztlicher Seite überprüft wurden, kann eine solche Verschreibung auch für 13-Jährige möglich sein. Für die Pille danach gibt es in Österreich keine gesetzliche Beschränkung bezüglich Abgabe und Altersbeschränkung, und sie ist rezeptfrei in Apotheken erhältlich. 2
Weiterführende Informationen und Anlaufstellen zu verschiedenen rechtlichen Fragestellungen:
Jugendrecht
Broschüren für Jugendliche
Kinder- und Jugendanwaltschaft
Digitale Medien
Infos und Anlaufstelle bei diversen Problemen im Netz
Österreichweite Anlaufstellen und Beratung im Falle von Gewalt
AUTORIN
Quellen:
1 Apostol, Stefan/Hofbauer, Yara (2020): Sexuelle Integrität. Rechtlicher Schutz und dessen Durchsetzung. Wien: Manz Verlag.
2 BASG – Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (o.J.): Vikela (“Pille danach”) rezeptfrei. Online abgerufen.
3 Graupner, Helmut (2006): Das späte Menschenrecht. Sexualität im Recht. Innsbruck: Universität Innsbruck. Online abgerufen.
4 Ilic, Danijela (2018): Die rechtshistorische Entwicklung der Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs in Österreich. Universität Linz: Diplomarbeit. Online abgerufen.
5 https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Jugendschutzgesetze_in_Österreich
6 https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/1950_97_0/1950_97_0.pdf